Wie funktioniert das?

Ein Oszilloskop ist also eine Art Universalmessgerät und zugleich auch ein Anzeigemonitor für viele andere Messgeräte. Einige Modelle besitzen sogar die Möglichkeit, Videosignale als Bilder wiederzugeben und verhalten sich dann wie kleine Fernsehbildschirme. Das Kernstück jedes Oszilloskops ist die von dem deutschen Physiker Ferdinand Braun (1850-1918, Nobelpreis 1909) erfundene Kathodenstrahlröhre (Braun'sche Röhre).

Dabei handelt es sich um einen luftleeren Glaskolben mit einem Leuchtschirm, einem Glühwedel und diversen, verschieden geformten Elektroden wie im nachstehenden Bild:

Die Glühwedelkathode wird mittels einer kleinen Wechselspannung zum Glühen gebracht und bildet zugleich den negativen Anschluss für eine an der Anode anliegende Hochspannung von ca. 3000 bis10000 Volt. Diese Hochspannung nennt man auch Beschleunigungsspannung, da von ihrer Höhe die Geschwindigkeit und Intensität des Elektronenstrahls abhängen. Die von der Glühkathode ausgehenden Elektronen werden durch die negative Vorspannung im Wehneltzylinder zu einem dünnen Strahl gebündelt (fokussiert) und verlassen diesen durch die Öffnung an dessen Ende. Die hohe Anodenspannung zieht den Strahl an und verleiht ihm derart hohe Geschwindigkeiten, dass er nicht von der Anode aufgehalten wird, sondern durch das in ihrer Mitte befindliche Loch hindurchgeschleudert wird und erst am Leuchtschirm wieder aufprallt. Dort werden durch eine atomare Reaktion in der Leuchtsubstanz durch die auftreffenden Elektronen Photonen freigesetzt, deren aufsummierte, winzige Lichtblitze als kleiner, heller Leuchtpunkt erscheinen. Normalerweise befinden sich der Elektronenstrahl und damit der Leuchtpunkt in der Schirmmitte. - Durch Anlegen von Spannungen zwischen den horizontalen und vertikalen Ablenkplatten der Braun'schen Röhre jedoch, kann man nun aber den Elektronenstrahl so ablenken, dass der Leuchtpunkt an jeder beliebigen Stelle des Schirmes zu sehen ist. Ändert man die Spannungspegel der Platten periodisch und schnell hintereinander, springt der Punkt fast blitzschnell zwischen den entsprechenden Stellen auf dem Schirm hin und her. Durch die optische Trägheit unserer Augen und einem gewissen Nachleuchtverhalten des Schirmes entsteht so das Bild stehender Linien. - Der Strahl schreibt gewissermassen wie ein Stift auf Papier. - Nur dass dieses Bild nach kurzer Nachleuchtdauer wieder verblasst, sobald der Strahl aussetzt oder an einer anderen Position schreibt. Je nach Anwendung gibt es Röhren mit sehr unterschiedlicher Leuchtdauer zwischen Millisekunden bei Oszilloskopen und einer bis mehreren Sekunden, wie zum Beispiel bei Radarschirmen. - Auch die Farbe des Leuchtpunktes kann beliebig variiert werden, indem man den Schirm mit verschiedenen Leuchtstoffen ausstattet. In der Regel verwendet man bei Messgeräten jedoch weiß, grün oder blau.

Bei Monitor- oder Farbfernsehschirmen werden mehrere Farbstoffe gleichzeitig verwendet und mittels einer sogenannten Lochmaske genau in ihrer Position gerastert. Die maximale Auflösung des Bildes ist allerdings durch die Anzahl der Maskenlöcher auf einen bestimmten Wert begrenzt. Hier verwendet man dann 3 Elektronenstrahlen gleichzeitig. (Diese entsprechen den Grundfarben ROT - GRÜN - BLAU ), um jeweils eine bestimmte Farbe pro Bildpunkt zum Leuchten anzuregen, die entsprechend der Strahlintensitäten dann als Mischfarbe zu sehen ist. - Daher kommt auch der bekannte Begriff " RGB ".

Vom Punkt zum BILD:

Wie schon gesagt, kann die Position des Punktes mittels der an den Ablenkplatten angelegten Spannungen beliebig festgelegt und verändert werden, da die Auslenkung des Strahles in der vertikalen und horizontalen Ebene sich direkt proportional zur Höhe und Polarität der angelegten Spannungen verhält. Beim Anlegen von Wechselspannung einer bestimmten Frequenz und Wellenform ergibt sich also auch ein ganz spezifisches Bildschirmmuster.

Legt man am vertikalen Plattenpaar (Y) eine Wechselspannung (hier: Sinussignal) an, bewegt sich der Punkt also immer auf und ab; es wird eine senkrechte Linie geschrieben, mit der man natürlich noch nicht allzuviel anfangen kann. Das Gleiche gilt für eine einzeln angelegte Wechselspannung am x - Plattenpaar.

Das ändert sich erst in dem Moment, wenn man an beiden Paaren gleichzeitig eine Wechselspannung anlegt. Im obigen Beispiel ist dies eine genau einstellbare Sägezahnspannung von bekannter Größe und Frequenz, die sogenannte Kippspannung der im Gerät fest eingebauten Oszilloskop-Zeitbasis. Wie man an der Grafik leicht sehen kann, bewirkt die Sägezahnspannung eine andere Bewegung des Punktes als die Sinusspannung:

Er schwingt nämlich nicht gleichmässig zwischen den Endpunkten hin und her, sondern bewegt sich von links nach rechts um dann abrupt abzubrechen und sofort links wieder aufzutauchen, ohne dass man den Rückweg von rechts nach links sehen könnte. Dies ist wichtig, da ansonsten das geschriebene Oszillogramm doppelt übereinander sichtbar wäre und damit das "Vorwärtsbild" überlagern würde. Der Strahlrücklauf wird daher durch den besonderen Verlauf der Kippspannung unsichtbar gehalten. Zusätzlich kann für den Zeitpunkt des Rücklaufs über eine hohe negative Vorspannung am Wehneltzylinder (Z-Eingang) der Strahlaustritt völlig unterdrückt werden (Dunkeltastung). Die nachfolgende Zeichnung zeigt das Prinzipschaltbild eines einfachen Einkanaloszilloskops, wie es bereits schon für ca. 150 -200 DM im Fachhandel günstig bezogen werden kann:

Eine Besonderheit stellt der hier angedeutete X-Y Berieb dar, in welchem die interne Kippspannung abgeschaltet ist und jedes beliebige externe X-Signal auf die Horizontalplatten geleitet werden kann. Wenn man zum Beispiel die gleiche Sinuseingangsspannung am X- und am Y Eingang anlegt, erscheint kein Abbild der Sinusfunktion, sondern ein mehr oder weniger verformter Kreis, der im Idealfalle auch exakt gleichmässig erscheint. Diese Bilder bezeichnet man auch als sogenannte Lissajousfiguren. Da sich der Idealkreis nur im Falle absoluter Signalgleichheit am X- und Y Eingang zeigt, kann man aus der Form des Kreises zum direkten und hochgenauen Vergleich zweier ansonsten frequenz- und amplitudenähnlicher Signale gleicher Wellenform benutzen. Dabei beeinflussen nicht nur Frequenz und Amplitude die Kreisform, sondern auch Phasendifferenzen, welche im einfachen Schirmbild nicht ohne spezielle Ausrüstung des Oszilloskops erkennbar wären. Die folgenden Grafiken zeigen Lissajousfiguren bei verschiedenen Frequenz- und Phasendifferenzen:

1. Verschiedene Phasendifferenzen zwischen 10 und 170 Grad

bei gleichen Frequenzen und Amplituden


2. Verschiedene Frequenzverhältnisse und Amplituden

Eine weitere, recht praktische Anwendung des X-Y Betriebes ist die direkte Darstellung des Modulationsgrades von amplitudenmodulierten Sendern.- Man führt dabei einem Plattenpaar direkt das hochfrequente Trägersignal des Senders und dem anderen Paar die Ausgangsspannung des (den Sender modulierenden) Modulationsverstärkers zu. Bei richtiger Anpassung an das Oszilloskops erhält man als Schirmbild eine leuchtende Trapezfläche, aus deren Form sich genaue Rückschlüsse auf den Modulationsgrad ableiten lassen (Trapeztest). So erhält man zum Beispiel folgende Bilder:

Aus der Vermessung der Trapeze lässt sich ziemlich genau auf den (AM) Modulationsgrad schließen. Die Darstellungen eignen sich auch als Mitlaufmessung während des laufenden Sendebetriebes und werden hierfür insbesondere von Amateurfunkern gerne verwendet, da diese Messmethode beim direkten Anschluss an die Plattenpaare (das heißt: ohne weitere Zwischenverstärker) derart breitbandig ist, dass man auch höhere Trägerfrequenzen überwachen kann ohne auf die engeren Bandbreitengrenzen der Y- und X- Verstärker achten zu müssen. Man benötigt in diesem Falle nur eine Brown'sche Röhre mitsamt Spannungsversorgung und nicht unbedingt ein komplettes Oszilloskop. Auch Oszilloskope kann man natürlich selbst bauen; aufgrund der wirklich preiswerten und genaueren Fertiggeräte ist dies jedoch nicht unbedingt empfehlenswert.

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