Gutes Blut - Schlechtes Blut
Bitteres Umdenken in der Transfusionsmedizin
(Stand: November 2014)
Am 24.11.2014 machte eine abendliche Sendung in
"Das Erste" (ARD) auf in
medizinischen Fachkreisen zwar schon länger bekannte,
betroffenen Patienten gegenüber bisher jedoch weitgehend verschwiegene Gefahren bei Bluttransfusionen aufmerksam.
Dies betrifft vor allem die allgemein üblichen Erythrozyten- und
Thrombozytenkonzentrate, (EK
und TK)
die als Konserven bei chirurgischen Eingriffen,
Unfällen und in der Onkologie etwa bei bedrohlichen Anämien
nach Chemotherapie benutzt werden.
Zweifellos gibt es hier durchaus absolute Indikationen für den Einsatz von Konserven. Darüber lässt sich
auch keineswegs verhandeln!
Allerdings wurden zumindest statistisch gesehen bisher wohl doch
eine Unzahl von Transfusionen eher aufgrund relativer Indikationsstellungen verabreicht.
Dabei sollten die dramatischen Ergebnisse einiger
diesbezüglicher Verlaufsstudien eigentlich eine klare Warnung
sein!
Offenbar hatten aber bisher weder Ärzte noch Betreiber des
Blutspende-Systems angemessenes Interesse an umfangreicher
Patientenaufklärung.
Während die Mediziner sich einerseits einem zugegeben
unangenehmen prognostischen Spagat zwischen Risiko- und
Notwendigkeitsabwägungen
ausgeliefert sehen und mangels effizienter Alternativen
verständlicherweise nicht unnötig Panik in der Öffentlichkeit
schüren wollen,
sorgen sich Industrie und Blutbankbetreiber wohl mehr um Renditen
und Nachhaltigkeit ihrer bisherigen Geschäftsmodelle.
Blut ist schließlich auch eine harte Währung, mit welcher
global gehandelt und ganze Industriezweige versorgt und
finanziert werden.
Eine allzu genaue Patientenaufklärung könnte die
gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Transfusionen ebenso
gefährden wie die potentielle Bereitschaft zur (kostenlosen)
Spende.
Die Risiken
In einer New Yorker Studie von 2011 wurden zum Beispiel Folgekomplikationen
nach EK-Transfusionen statistisch analysiert.
Demnach gab es nach Gabe von nur 1-2 Beuteln EK
folgende Steigerungen in den erfassten Komplikationsraten:
Letalität ....................... + 29 %
Lunge .......................... + 76 %
Wundentzündungen ...... +87 %
Thrombosen ................ +77 %
Zusammen mit weiteren
Verlaufsstudien kristallisiert sich hier erschreckenderweise
heraus,
dass die allgemeinen Infektionsrate ca. 2-5 mal und
die relative Letalität offenbar sogar
ca. 6 mal höher sein soll als bei Verläufen
ohne EK-Transfusionen!
Allgemeines Umdenken vor allem in der Intensivmedizin wäre hier also dringendst erforderlich.
"Transfusionsmedizin
ist förmlich in Stein gemeißelt!"
Diese mittlerweile eine der
bekanntesten Äußerungen des US-Mediziners Prof. Shander deutet klar die nach wie vor
massiven Widerstände der medizinischen Lobby gegenüber einer Verminderung zumindest der relativen
Indikationsstellungen
von Transfusionen in der aktuellen Intensivmedizin an.
Zusammen mit dem Frankfurter Intensivmediziner Prof. Kai Zacharowski (Direktor
der Frankfurter Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und
Schmerztherapie)
und dem Österreicher Prof. Hans Gomboz (Universitätsklinik
für Anästhesiologie und Intensivmedizin
8036 Graz) leistet er
zurzeit wertvolle Pionierarbeit bezüglich einer sinnvollen
Modifizierung bisheriger Transfusionsgewohnheiten der meisten
Kollegen.
Innovatives Umdenken im Interesse der Patienten ist hier auch
dringend vonnöten!
Eine weltweit erste größere Untersuchung soll dabei mit dem sog.
"Patient Blood
Management" (PBM)
koordiniert werden,
wie es in einem Artikel des Deutschen Ärzteblattes bereits 2013
als ein Projekt des Universitätsklinikums
Frankfurt/M.
zusammen mit den Unikliniken in Bonn, Kiel und Münster
beschrieben wurde.
(Siehe: Dtsch. Arztebl.
2013; 110(33-34): A-1546 / B-1367 / C-1347)
Hintergründe
Alle Fremd- und Eigenbluttransfusionen sind
aus verschiedenen Gründen mit erheblichen Risken für den
Empfänger verbunden.
Zirkulierendes, frisches Blut im Körper unterliegt gewissen Alterungs- und Zerfallserscheinungen.
In diesem Prozess zerfallen überalterte Blutzellen nach Platzen
ihrer Zellmembranen in ihre Bestandteile und geben diese ins
Plasma ab.
Im gesunden, lebenden Organismus wird die Blutqualität durch
ständigen Nachschub neuer Zellen aus dem Knochenmark
sowie Abbau und Ausscheidung der Zerfallsprodukte im Plasma über
Leber und Nieren automatisch innerhalb bestimmter,
fest definierter Grenzen gehalten, was sich in entsprechenden
Laborparametern überwachen und dokumentieren lässt.
Weichen diese zu sehr von den bekannten Normbereichen ab, ist
oder wird der Mensch krank.
Daher ist die Blutanalyse im Labor auch eine der
unverzichtbarsten Grundlagen zur Erkennung und Diagnose vieler
Krankheiten.
Dass so ziemlich jedes biologische Produkt heutzutage ein
Verfalls- oder Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD)
hat, ist ja nichts Neues.
Logischerweise fallen natürlich auch Medikamente und
Blutkonserven wie Erythrozytenkonzentrate (EK)
und Thrombozytenkonzentrate (TK) unter diese
Regelung.
Allerdings haben sie ab Abfüllung im Konserven-Kühlschrank bei 2 bis 6 Grad Celsius nur eine extrem kurze Haltbarkeit von
bisher noch bis zu 42 Tagen.
Dies gilt grundsätzlich für alle Blut-Konserven, also sowohl
Eigen- als auch Fremdblut.
Und hat vor allem seinen Grund in der bereits angedeuteten,
ständig ablaufenden Hämolyse.
Aus Sicht der Verträglichkeit für den Empfänger muss zudem
berücksichtigt werden, dass grundsätzlich noch mögliche
Immunologische Inkompatibilitäten
beim Einsatz von Fremdkonserven hinzu kommen können. Dabei geht
es nicht nur um reine Blutgruppenunverträglichkeiten,
sondern auch - ähnlich wie auch bei einer Organ-Transplantation
- noch um viele andere immunologische Parameter, die final zu
einer Abstoßung der fremden Blutzellen mit Verklumpungen,
Histaminreaktionen, hohem Fieber, schweren, oft
antibioseresistenten Infekten sowie Sepsis und Entzündungen im
gesamten Organismus mit allen zugehörigen Risiken bis hin zum
Tode führen können. Es
konnte sogar nachgewiesen werden, dass selbst Eigenblutzellen
sich ab dem Zeitpunkt der Entnahme offensichtlich fortlaufend in
bestimmten immunologischen Parametern verändern und so nach
einer gewissen Zeit bei einer Rückführung in den
Spenderorganismus von dessen Immunsystem als Fremdzellen verkannt
und angegriffen werden.
Neuere Studien belegen zudem, dass sich schon ab 3 Wochen die Fähigkeit der konservierten
Erythrozyten zum Sauerstofftransport deutlich verringert.
Überalterte Blutzellen sterben ab, zerfallen irgendwann nach
Platzen ihrer Zellmembranen in ihre Bestandteile und geben diese
ins übrige Volumen ab (Hämolyse). Dies hat daher dramatische
Auswirkungen auf Qualität und Haltbarkeit des Produktes! Nicht
nur, dass mit der Zeit immer weniger lebendige, aktive Zellen
vorhanden sind, sondern das umgebende Medium wird mit organischen
und anorganischen Schlacke- und Schadstoffen der bereits
zugrundegegangenen Zellen immer weiter angereichert. Auch dabei
freiwerdende Elektrolyte wie Eisen- und Kaliumionen kumulieren möglicherweise mit der Zeit zu derart
pathologischen Konzentrationen, dass eine solche Konserve für
den Empfänger dann irgendwann zu einem lebensgefährdenden,
toxischen Gemisch werden kann.
Das ist im Prinzip nicht viel anders als im lebenden Organismus
auch, wird in der Konserve allerdings natürlich nicht
automatisch korrigiert.
Um diesen Prozessen halbwegs entgegen zu wirken, setzt man daher
bestimmte Stabilisatoren (ACD-A, CPD-A, und CPD) ein, welche
ebenfalls erhebliche Nebenwirkungen verursachen können.
Demnach ist nach den o.g. Erkenntnissen die bisherige
Haltbarkeitsspanne von 42
Tagen kaum noch zu
verantworten.
Sie sollte daher zukünftig auf
höchstes 20 Tage begrenzt werden!
Lösungsansätze:
Begrenzung der Haltbarkeit
aller Konserven auf max. 20 Tage.
Für Volumensubstitution bei noch vertretbarem Hb-Wert
ausschließlich Ersatzstoffe (z.B. Plasmaexpander oder
Ringerlösung) infundieren.
Zusätzlich sollten alle Transfusionsindikationen bezüglich
Konserven wesentlich strenger gehandhabt und soweit wie möglich
durch alternative Maßnahmen ersetzt werden.
Das beginnt schon bei der Blutabnahme (z.B. für Laborwerte)
durch sparsameren Umgang mit dem Patientenblut.
Die Volumina entnommener Proben etwa könnten durch
empfindlichere Analyseverfahren und dem grundsätzlichen Einsatz
kleinerer Röhrchen minimiert werden.
Konsequenter Einsatz von Eisen- und/oder Erythropoetin-Therapien
um den Blutstatus des Patienten schon vor einer geplanten OP zu
verbessern.
Während einer OP austretendes Blut kann aufgefangen und zeitnah
in den Körper des Patienten rückgeführt werden (Cell-Saver
Technik).
Falls möglich sollte Eigenbluttransfusion jeglichem Einsatz von
Fremdkonserven vorgezogen werden.
Diese und ähnliche Maßnahmen sind auch Grundlagen des sog.
"Patient Blood
Management " (PBM):
"...Die erste
Komponente des PBM bilden die Vorbehandlungen von anämischen
Risikopatienten vor operativen Eingriffen.
Durch ein standardisiertes Prüfverfahren wird ermittelt, wie
massiv der Blutmangel ist und wie hoch das Risiko für eine
Bluttransfusion wäre.
Hierfür werden unter anderem spezielle Geräte zur
nichtinvasiven Messung des Hämoglobinwertes eingesetzt.
Bei Bedarf wird ein interdisziplinäres Fachkonsil einberufen,
das medizinische Maßnahmen festlegt,
durch die die Blutarmut reduziert und damit der Einsatz von
Blutkonserven beim Eingriff ohne gesundheitliche Risiken
vermieden werden kann.
Die zweite Säule zielt auf den möglichst rationalen Einsatz der
Blutkonserven auf Basis der Querschnittsleitlinien zur Therapie
mit Blutkomponenten
und Plasmaderivaten der Bundesärztekammer ab. Hierfür wurde
eine Transfusionsbedarfs-Checkliste entwickelt,
mit der in jedem Einzelfall die Entscheidung für oder gegen den
Einsatz einer Blutkonserve überprüft wird.
Die dritte Säule umfasst weitere Maßnahmen, die den Blutverlust
während und nach der OP minimieren.
Dazu zählt beispielsweise die restriktiver Handhabung von
Blutentnahmen.
So werden statt der üblichen Röhrchen zur Blutentnahme kleinere
aus der Kinderklinik eingesetzt und die Entnahmeintervalle
vergrößert.
Bei Risikooperationen werden routinemäßig Cell-Saver-Geräte
genutzt, die das Patientenblut auffangen und als
Eigenblutkonserve aufbereiten.
Wärmedecken verhindern zudem ein Auskühlen der Patienten, da
bei Unterkühlung die Blutgerinnung eingeschränkt funktioniert.
Eine patientennahe Gerinnungsdiagnostik (ROTEM-und Multiplate-Analyse)
wird auf den chirurgischen Stationen umgesetzt..."
Lesen Sie hier mehr darüber
Weitere Links:
http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videos/boeses-blut-kehrtwende-in-der-intensivmedizin-100.html
http://www.patientbloodmanagement.de/de/projekt
http://www.swr.de/unternehmen/presse/boeses-blut/-/id=4224/nid=4224/did=14575026/1r8l5er/index.html
https://www.google.de/search?q=Transfusionsrisiken&ie=utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a&channel=sb&gfe_rd=cr&ei=X5B0VNWAK86bOrzigNgB
http://www.anaesthesie-update.com/referenten/93-kai-zacharowski
http://www.uniklinikum-dresden.de/das-klinikum/kliniken-polikliniken-institute/kfo-252/program/organization-members/Kai%20Zacharowski
http://www.aerzteblatt.de/archiv/145303/Patientenblut-Management-Kluger-Umgang-mit-einem-wertvollen-Gut
Neuere Links:
https://www.facebook.com/100011893696092/videos/237841968667963/
https://l.facebook.com/l.php?u=https%3A%2F%2Fwww.youtube.cob...................